Gründungsgeschichte der Sankt Lukasbruderschaft Solothurn

Als einer der letzten Stände in der Eidgenossenschaft erhielt 1559 auch die Stadt Solothurn eine Lukasbruderschaft. Gegründet wurde sie von einheimischen Handwerkern der vier Gewerbe der Maler, Glasmaler, Goldschmiede und Bildhauer. In der Gründungsurkunde von 1559, dem sogenannten Freiheitsbrief, sind die acht Gründungsmitglieder aufgeführt. Dies waren die Glasmaler Urs Amiet, Melchior Dürr, Wolfgang Bochly, Jürg Bochly, der Flachmaler Hans Schilt, der Goldschmied Hans Wylading sowie Jacob Löw und Thoman Locher, beide wahrscheinlich Bildhauer.

Auffallend ist, dass kein explizit als Kunstmaler aufgeführter Gründer dabei war. Franz Anton Zetter-Collin führte das in seiner Festschrift von 1909 über die Lukasbruderschaft darauf zurück, dass das Kunstmalergewerbe in der Stadt Solothurn im 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts schwach vertreten war und daher die meisten Maler zu der Zeit noch von auswärts kamen. Erst gegen Ende des 16. und vor allem im wirtschaftlich prosperierenden 17. Jahrhundert soll sich dann eine einheimische Künstlerschaft entwickelt haben. Später fanden aber noch andere Handwerker wie Kupferstecher, Uhrmacher, Musiker, Baumeister, aber zum Teil auch nur Bürger, welche eine Liebe zu den Künsten nachweisen konnten, Aufnahme in die Bruderschaft, sodass sich gegen Ende des 17. Jahrhunderts die eigentlichen Kunsthandwerker allmählich in der Minderheit befanden.

Rechtliche Form

Die organisatorische Form der Bruderschaft war die einer Gewerbsgilde, ausgerüstet mit allen dazugehörenden Rechten und Pflichten, dies jedoch unter Ausschluss des politischen Charakters, der einzig den Handwerkszünften vorbehalten war. Innerhalb der Gilde konnte, ausser bei schweren Verbrechen, die Gerichtsbarkeit ausgeübt werden, dies vor allem bei Streitigkeiten zwischen Meistern und Gesellen. Die Gilde hatte auch das Aufsichtsrecht über die Meister, Gesellen und Lehrbuben. Weiter durfte sie unter ihren Mitgliedern Bussen bei Versäumnissen bei Botten und Kirchgängen verhängen.

Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft bestanden in einer Beitragspflicht, einer Einkaufstaxe von drei Pfund und einem guten Leumund. Auch waren vollständig erfüllte Lehr- und Wanderjahre und eine Meisterprüfung Bedingung für eine Aufnahme.

Ausbildung

Nebst allein arbeitenden einheimischen Handwerkern und Künstlern gab es in der Stadt auch von Meistern geführte Werkstätten, welche Lehrlinge ausbilden durften. Diese traten zum Teil schon im Alter von dreizehn Jahren in den Betrieb ein. Eine eigentliche Eignungsprüfung dafür gab es nicht. Solothurn war eine kleine Stadt, man kannte sich, und häufig handelte es sich bei den Lehrlingen um Söhne von Bekannten. Die Lehre dauerte zwischen drei und vier Jahren. Wurde diese Zeit ordnungsgemäss beendet, erhielten die Lehrlinge von der Zunft den Gesellenbrief. Dieser bevollmächtigte sie, ihr Handwerk auszuüben und auf Wanderschaft zu gehen. Nach einer erfolgreichen zweijährigen Wanderschaft, während der sie als Gesellen bei auswärtigen Meistern arbeiteten, kehrten sie in ihre Vaterstadt zurück und legten die Meisterprüfung ab, um damit das Recht zum Eintritt in die Bruderschaft zu erhalten und selbstständig tätig zu werden. Weitere Bedingungen waren die Anfertigung eines Meisterstücks, der Besitz des Bürgerrechts, der Nachweis eines bestimmten Mindestvermögens und die Zahlung der notwendigen Gebühren.

Satzungen und Privilegien

Als wichtige Dienstleistung unterhielt die Bruderschaft auch eine Art Krankenkasse für arme Gesellen, wobei alle Mitglieder dazu wöchentlich einen bis zwei Heller beitragen mussten. In den Satzungen wurde auch der Ausschluss eines ungehorsamen Bruders geregelt. Sollte er sich dabei den Beschlüssen des Botts nicht fügen und keine Entschuldigung vorbringen, verlor er seine Mitgliedschaft, und sein Wappen wurde aus dem Lukasbuch, welches als eigentliches Mitgliederverzeichnis galt, entfernt.

Eine wichtige Funktion besass die Bruderschaft auch im Überwachen und Durchsetzen der Gildeprivilegien und eines gesicherten Einkommens ihrer Mitglieder. Damals waren viele umherziehende auswärtige Künstler und Handwerker unterwegs, welche ihre Arbeitskraft auch in der Stadt Solothurn anboten.

Der Gildezwang schrieb aber vor, dass es nur Mitgliedern der Bruderschaft erlaubt sei, in der Stadt und den vier inneren Vogteien Halten, Lebern, Buchegg und Flumenthal mit ihrem Handwerk tätig zu sein. Viele ausländische Handwerker hielten sich nicht daran, sodass sich die einheimischen Handwerker zahlreich bei der Obrigkeit beschwerten.

Quelle: Urs Bertschinger: Was Wandmalereifunde über das Solothurner Malerhandwerk im 17. Jahrhundert erzählen, in Jahrbuch der Archäologie und Denkmalpflege im Kanton Solothurn Nr. 23, 2018